Pressemitteilung: Offener Brief gegen die Ausschreibung für das Amt der HU-Präsidentin
Am heutigen Donnerstag hat die Humboldt-Universität die Ausschreibung für das Amt der Präsidentin mit dem Zusatz veröffentlicht, Sabine Kunst strebe eine zweite Amtszeit an. Der Referent_innenRat äußert starke Bedenken und wendet sich mit dem folgenden offenen Brief an das Kuratorium der HU:
Sehr geehrte Frau Dr. Bulmahn,Sehr geehrte Mitglieder des Kuratoriums,
wir wenden uns an Sie in Folge der Veröffentlichung der Ausschreibung für das Amt der Präsidentin, die Sie beschlossen haben. Teil dieser Ausschreibung ist der Hinweis, die Amtsinhaberin, Frau Prof. Sabine Kunst, würde eine zweite Amtszeit anstreben. In so einem Fall ist es leider üblich, dass Mitbewerber_innen entweder abgeschreckt werden oder, sollten sie sich doch bewerben, diese Kandidaturen nicht ganz ernst genommen werden und keine Aussicht auf Erfolg haben. Mit diesem Brief wollen wir aber aus unserer Sicht die Gründe darstellen, warum es für die Humboldt-Universität ratsam wäre, eine tatsächliche Alternative zu Prof. Kunst zu suchen.
Wie Sie sicherlich wissen, hat die Statusgruppe der Studierenden im Konzil die Abwahl von Prof. Kunst und Dr. Kronthaler beantragt. Den Abwahlantrag und die entsprechende Begründung finden Sie als Anhang. Auch wenn einige der Gründe für die Abwahl mit der Behandlung der studentischen Gremien zusammenhängen sollte nicht der Eindruck entstehen, dass die Studierenden diesen Antrag ausschließlich im eigenen Interesse stellen. Es gibt aus Sicht der gesamten Universität gute Gründe dafür, die Amtszeit von Prof. Kunst sehr kritisch zu sehen. Zwar wurde sie gekrönt von Erfolg in der Exzellenzstrategie und sieht sich jetzt mit positiver Presse im Kontext des Humboldt-Forums konfrontiert. Allerdings sind diese Erfolge, wenn sie schon überhaupt uneingeschränkt als solche angesehen werden können, nicht ausschließlich, ja nicht mal hauptsächlich, auf die Leitung der HU unter Prof. Kunst zurückzuführen.
Was aber tatsächlich auf die Leitung der HU unter Prof. Kunst zurückzuführen ist, ist die katastrophale Lage der zentralen Universitätsverwaltung. Als Prof. Kunst und Dr. Kronthaler gewählt wurden, hatten sie ein klares Mandat seitens des Kuratoriums und Konzils, die Haushaltssituation zu stabilisieren und Governance-Prozesse zu verbessern. Stattdessen hat dieses Präsidium unnötige Schlachtfelder aufgemacht und vertieft; sich in Schaukämpfe mit uns als Vertretung der Studierenden und mit den Personalräten als Vertretung der Mitarbeiter_innen verwickelt; sich darauf eingelassen, dass sich politische Prozesse um die Benennung von Staatssekretären negativ auf Forschung und Lehre an der HU auswirken und dabei einen Keil zwischen die Mitgliedergruppen getrieben. Bisher sind von einer Governance-Reform nur willkürliche Personalentscheidungen und -freistellungen zu sehen. Viele Abteilungen und Referate werden schon lange nur kommissarisch geleitet und die Gründe hierfür sind nicht nur für uns nicht nachvollziehbar. Die Redundanzen bei der neuen Abteilung Controlling, auf die viele Kommissionen des AS vor ihrer Einrichtung kritisch hingewiesen haben, sind nicht mal zu sehen, weil bisher nicht ersichtlich ist, was diese Abteilung tatsächlich macht. Die SAP-Einführung gestaltet sich langwieriger und kostspieliger als erwartet und die Haushaltssituation der HU verschlechtert sich zunehmend. Die drastische Unterbesetzung der Abteilung Haushalt und die damit verbundenen Schwierigkeiten bei der Herstellung einer Haushaltsrechnung und eines Haushaltsplans sind nicht mehr hinzunehmen. Sie sind konkrete Folge der Entscheidungen des Präsidiums.
Wie so häufig in der Vergangenheit sind es das Engagement und die Ausdauer vieler überzeugter Mitglieder dieser Universität, die es uns erlauben, einen Regelbetrieb aufrechtzuerhalten. Ob es Gremienmitglieder sind, die ehrenamtlich den Haushaltsplan der HU als große öffentliche Einrichtung machen oder Mitarbeiter_innen, die weit über ihre Kapazitäten und tatsächlich bezahlten Arbeitsstunden hinaus lehren, Studierende betreuen, forschen oder die Prüfungsämter und überlastete Sekretariate trotzdem aufrechterhalten: die Humboldt-Universität muss sich immer mehr darauf verlassen. Es muss aber Aufgabe einer Leitung sein, dafür Sorge zu tragen, dass diese Art von unbezahlter Leistung nicht notwendig ist. Erste Priorität einer Leitung muss es sein, sich für alle Mitglieder dieser Universität einzusetzen. Die Leitung unter Prof. Kunst hat diese Aufgabe leider nicht honoriert. Wir erwarten vom Kuratorium, dass es sich ein komplettes Bild der Lage der HU macht, bevor es dem Konzil eine Wiederwahl von Prof. Kunst vorschlägt - ein Bild der HU, welches nicht nur auf Berichten des Präsidiums basiert. Wir hoffen darauf, dass die HU, wie es in demokratischen Institutionen üblich ist, in der Lage ist, eine offene und ausgiebige öffentliche Diskussion über ihre Leitung zu führen, bevor das Konzil wieder vor Alternativlosigkeit gestellt wird. Wir wollen auch explizit andere Kandidat_innen ermutigen. Sicherlich sind nicht nur die studentischen Vertreter_innen dafür offen, sich andere Visionen für die HU anzuhören, als die, die wir in den letzten Jahren vorgelebt bekamen. Auch wenn das Kuratorium letztendlich Prof. Kunst als Präsidentin vorschlagen würde, wäre es zumindest allen Mitgliedern dieser Universität klarer, was die Kriterien für eine erfolgreiche Präsidentschaft aus Sicht des Kuratoriums sind. Darauf, dass das wünschenswert ist, können wir uns, so glauben wir, einigen.
Mit freundlichen Grüßen
der Referent_innenRat (gesetzl. AStA) der Humboldt-Universität zu Berlin