Forderungen zum Semesterticket
Veröffentlicht 07.12.2023
Offener Brief für das Semesterticket
Veröffentlicht am 01.11.2023
Sehr geehrte Berliner Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt,
Sehr geehrter Verkehrsbund Berlin-Brandenburg,
mit diesem offenen Brief rufen wir Sie auf, unseren Forderungen zum Erhalt des solidarisch finanzierten Semestertickets nachzukommen.
Seit Jahren werden studentische Anliegen in den politischen Entscheidungen um das Semesterticket nicht gehört. Gesprächswünsche von uns zu dem Thema werden seit Monaten ignoriert oder verweigert. Die aktuelle Situation an den Hochschulen und die Aussicht darauf, dass das Solidarmodell Semesterticket aufgrund von fehlendem politischem Willen bald der Vergangenheit angehören kann, haben uns dazu veranlasst, uns mit diesem offenen Brief an Sie zu wenden.
Im letzten Jahr wurden laufend neue Ankündigungen gemacht, dass es günstigere Tickets geben solle, die ein Semesterticket vermeintlich überflüssig machen würden. All diese Modelle, ob sie nun 19€ oder 29€ kosten sollen, haben aber eines gemeinsam: Sie können nicht das ersetzen, was das Semesterticket leistet.
Das Semesterticket ist ein solidarisch finanziertes Modell, welches von Studierenden erkämpft wurde und viele entscheidende Vorteile gegenüber jeder Art von frei verkäuflichen Tickets hat. Es kostet auf den Monat gerechnet aktuell 32,30€, gilt für den Tarifbereich ABC und ermöglicht Fahrradmitnahme. Die Studierendenschaften betreiben zudem eigene Semesterticketbüros, welche anhand verschiedener Härtefallkriterien Zuschüsse bewilligen können, wodurch gegebenenfalls der volle Geldbetrag erstattet wird. Für Studierende in schwierigen Lebenssituationen oder mit geringem Einkommen ist dies oftmals die einzige Möglichkeit, den ÖPNV nutzen zu können. Dies kann kein frei verkäufliches Ticket bieten. Zudem decken die angekündigten Modelle nie denselben Bereich wie das Semesterticket ab. Insbesondere der C-Bereich und die Fahrradmitnahme müssen aufgrund der Wohnungsnot in Berlin und dem schlecht ausgebauten Nahverkehr in den Vorstädten zwingend in einem Ticket für Studierende inkludiert sein, das ist im 29€-Ticket nicht vorgesehen. Da ein einziger Anschlussfahrschein in den C-Bereich bereits 2€ und ein ABC-Fahrradticket 2,80€ kostet, ist auch kein wirklicher Preisvorteil zum Semesterticket gegeben.
Das Solidarmodell orientiert sich an den Bedürfnissen der Studierenden und ermöglicht umweltfreundlichen und erschwinglichen Nahverkehr für alle. Die Zustimmung zum Semesterticket unter den Studierenden ist enorm: an der BHT haben bei einer Urabstimmung im vergangenen Semester 94,6% der Studierenden für ein Semesterticket gestimmt, an anderen Hochschulen haben Urabstimmungen oder Abstimmungen im Studierendenparlament zu ähnlichen Ergebnissen geführt. Wir als gewählte Vertreter*innen der Studierendenschaft wollen am Semesterticket festhalten und fordern schon seit vielen Jahren eine deutliche Vergünstigung des Berliner Tickets. Wir beobachten jedoch seit längerem, dass dies offenbar politisch nicht gewollt ist.
Am 12.10.2023 hat die Berliner Verkehrsverwaltung gegenüber dem RBB geäußert, dass das Semesterticket bei Einführung eines 29€-Tickets "rechtlich angreifbar" sei. Ihre Aussage, den Studierendenschaften stünde es dennoch frei, die Verträge zu unterschreiben, wirkt im Anschluss regelrecht zynisch. Erwarten Sie von uns, dass wir Verträge unterzeichnen, nachdem Sie ein Klagerisiko so explizit ins Spiel gebracht haben?
Wir verstehen nicht, woher diese politische Abkehr vom Semesterticket kommt. Ihre Aussagen deuten darauf hin, dass dem Senat an einer Weiterführung des Semestertickets offenbar nicht gelegen ist. Wir fragen Sie konkret: Wie kommen Sie zu dieser Annahme? Warum bekennen Sie sich nicht öffentlich zu dem Modell, von dem unzählige Studierende seit vielen Jahren profitieren? Welchen Vorteil sehen Sie in frei verkäuflichen Tickets, die nicht einmal annähernd mit dem Semesterticket vergleichbar sind?
Aktuell wird das Semesterticket vom Berliner Senat mit 16,50€ pro Person/Semester bezuschusst, um Preissteigerungen seitens des VBB auszugleichen. Das Ticket wird für die Studierenden dadurch nicht günstiger. Wir sind als Studierendenschaften darauf angewiesen, dass der Preis nicht steigt. Nur durch eine ausreichende Bezuschussung des Semestertickets durch die Senatsverwaltung ist es uns möglich, auch in Zukunft weiterhin Semesterticketverträge zu unterschreiben. Seit Jahren fordern wir eine Erhöhung des Zuschusses, da das Berliner Semesterticket im Vergleich zu anderen Bundesländern schon seit langem zu teuer ist.
Seit Jahren werden uns die Verträge erst so spät zugesendet, dass für Nachverhandlungen keine Zeit bleibt. Dies wiederholt sich, obwohl wir vielfach auf diese Problematik hingewiesen haben, auch in diesem Semester. Schleppende Kommunikation durch VBB und Senatsverwaltung erschwert unsere Arbeit zusätzlich. Wir sind somit darauf angewiesen, dass die Angebote, die uns der VBB entgegenbringt und der Zuschuss, den der Senat zu zahlen bereit ist, ein Unterzeichnen des Vertrags zulassen.
Wir sehen daher sowohl den Senat als auch den VBB in der Verantwortung, uns die folgenden Fragen zu beantworten: Warum wird uns auf diese Weise Planungssicherheit verwehrt? Warum müssen die Berliner Studierenden so viel mehr bezahlen als in anderen Bundesländern? Warum bleiben unsere Forderungen nach einem günstigen Semesterticket durch erhöhte Zuschüsse oder niedrigeren Ausgangspreisen seit Monaten ungehört?
Mit der Einführung des 29€-Tickets verschlechtert sich die Situation von Studierenden aus bereits genannten Gründen zusätzlich. Warum werden 29€-Ticket und Semesterticket gegeneinander ausgespielt? Warum schließen sich eine Einführung des 29€-Tickets und eine höhere Bezuschussung des Semesterticktes aus Sicht der Senatsverwaltung aus? Die Tatsache, dass hierfür offenbar keine finanziellen Mittel im Haushalt vorgesehen sind, müssen wir als politische Entscheidung gegen das Semesterticket deuten.
Wir können und wollen Entscheidungen nicht anhand von politischen Versprechungen treffen, die uns keinen Handlungsspielraum lassen. Am Beispiel des Deutschlandtickets sehen wir aktuell sehr deutlich, dass vergünstige Ticketangebote trotz enormer positiver Resonanz in der Bevölkerung womöglich nicht langfristig sicher finanziert werden. Auch ein mögliches 29€-Ticket sehen wir dieser Gefahr ausgesetzt. Das Semesterticket für eine derart unsichere Lösung aufzugeben, halten wir für hochgradig unverantwortlich.
Wir fordern ein planbares Semesterticket, dessen Konditionen wir als Studierendenschaften selbst verhandeln und für das wir rechtzeitig einen rechtssicheren Vertrag unterschreiben können.
Wir fordern eine längst überfällige Vergünstigung der Preise seitens des VBB oder eine Erhöhung des Zuschusses durch die Senatsverwaltung.
Wir fordern ein klares Bekenntnis zum Solidarmodell Semesterticket und zu klimafreundlichem und bezahlbarem ÖPNV für alle.
Verfasser*innen:
- Allgemeiner Studierendenausschuss der FU Berlin
- Refererent*innenrat der HU Berlin
- Allgemeiner Studierendenauschuss der BHT
Unterstützer*innen:
Gremien, Institutionen und außeruniversitäre Gruppen
- Präsidium der Freien Universität Berlin
- Präsidium der Berliner Hochschule für Technik
- StudierendenWERK Berlin
- Studentischer Verwaltungsrat StudierendenWERK Berlin
- Freier Zusammenschluss von Student*innenschaften (fzs) e.V.
- Fridays for Future Berlin
- Grüne Jugend Berlin
- netzwerk n
Hochschulpolitische Gruppen
- Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen, HU Berlin
- Kritische Jurist*innen, FU Berlin
- Studentische Initiative Nachhaltigkeitsbüro, HU Berlin
- Gruppe BHT for Future
- Grüne Liste im StuPa der BHT
- Ver.di Betriebsgruppe, FU Berlin
- Aktionskomitee TV-L FU Berlin
- Personalrat der Studentischen Beschäftigten, FU Berlin
- Personalrat der studentischen Beschäftigten, HU Berlin
- Landesausschuss Studierende der GEW BERLIN
- Demokratisch-Plural-Dienstagskreis, Liste im Akademischen Senat, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Geologie, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Lateinamerika-Institut, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Romanistik, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Informatik, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Physik, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Otto-Suhr-Institut, FU Berlin
- Fachschaftsinitiative Europäische Ethnologie, HU Berlin
- Fachschaft Chemie, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Grundschullehramt, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Geographie, HU Berlin
- Fachschaftsinitiativen Rehabilitationswissenschaften & Gebärdensprache, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Informatik, Mathematik & Physik, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Physik, HU Berlin
- Fachschaft klassische Archäologie, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Erziehungswissenschaften & Erwachsenenbildung und Lebenslanges Lernen, HU Berlin
- Fachschaft Lehramt, HU Berlin
- Fachschaft Sozialwissenschaften, HU Berlin
- Fachschaft Rechtswissenschaften, HU Berlin
- Fachschaft Mathematik, HU Berlin
- Fachschaftsinitiative Humanmedizin Charité
Professor*innen und Mitarbeitende der Hochschulen
- Prof. Dr. Gabriele Metzler, Institut für Geschichtswissenschaften, Mitglied im Akademischen Senat, HU Berlin
- Josta Hamann, Technik, Service und Verwaltung, HU Berlin
- Dr.in Ursula Fuhrich-Grubert, zentrale Frauenbeauftragte der HU
- Dr. Marit Gründer, Mitglied im akademischen Senat HU Berlin
- Prof. Dr. Anika König, Institut für Sozial- und Kulturanthropologie, FU Berlin
- Prof. Dr. Antonie Schmiz, Department of Human Geography, FU Berlin
- Iris Würbel, Fachbereich Erziehungswissenschaft und Psychologie, FU Berlin
- Prof. Dr. Claudia Calvano, Arbeitsbereich Klinische Kinder- und Jugendpsychologie, FU Berlin
- Dr. Julia Neuhaus, Präsidentin, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Dieter Pumpe, Vizepräsident für Studium, Lehre und Weiterbildung, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Sven Tschirley, Vorsitz Akademische Versammlung, BHT
- Paul Jerchel, Mitglied des Kuratoriums, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Joachim Villwock, Laborleiter für CAE und Simulation - CAVE, Mitglied im AS, designierter VPF, BHT
- Prof. Dr. rer. nat. Heike Ripphausen-Lipa,Mitglied im AS, designierter VPL, BHT
- Prof. Dr. rer. pol. Haiko Schlink, Dekan Fachbereich I, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Stefan Heyde, Dekan Fachbereich III, BHT
- Prof. Dipl.-Ing. Petra Vondenhof-Anderhalten, Dekanin Fachbereich IV, BHT
- Prof. Dr. med. vet. Diana Graubaum, Dekanin Fachbereich V, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Stefan Dreher, Dekan Fachbereich VIII, BHT
- Prof. Dr. Steffen Prowe, Mitglied im AS, FBR V, BHT
- Prof. Dr. Benny Selle, Mitglied im AS, BHT
- Kirsten Engelhardt, Mitglied im AS, Leitung Hochschulsport, BHT
- Natascha Halbritter, M.Sc., Mitglied im AS, BHT
- Sabine Donner, Mitglied m AS, BHT
- Prof. Dr. phil. Anne König, Laborleiterin, Betriebswirtschaftliche EDV-Anwendungen, Laborleiterin, Drucktechnik und Weiterverarbeitung Mitglied im AS, BHT
- Dorothee Braukmann, Mitgied im AS & FBR VIII, BHT
- Anna-Marie Bengelsdorf, Mitgied im AS & FBR VI, BHT
- Susanne Plaumann, M.A., zentrale Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Lutz Dittmann, Prodekan Fachbereich IV, BHT
- Prof. Dipl.-Ing. Zeynep Ayse Hicsasmaz-Heitele, Laborleiterin Tragwerke und Konstruktion, Mitglied im FBR IV, BHT
- Prof. Dr. Patrick Jochum, Laborleiter Bausanierung und Energieeffizienz & Mitglied im FBR IV, BHT
- Prof. Dipl.-Ing. Hans-Peter Ritzer, Laborleiter Entwurf und Städtebau, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Felix Wellnitz, Professor für Bauphysik, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Martin Behne, Professor für Gebäudetechnik, BHT
- Dr. habil. Berthold Hub, Gastprofessor für Baugeschichte & Architekturtheorie, BHT
- Prof. Dipl.-Ing. Rüdiger Ebel, Professor für Entwurf und Städtebau, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Andreas Fischer, Professor für Massivbau, BHT
- Prof. Dr. Ulrike Schraps, Professorin für Betriebspsychologie
- Prof. Dr. Kristin Krenek, Professorin für Industrielle Mathematik, BHT
- Prof. Dr. Jens Lüdeke, Professor für Landschaftsarchitektur, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Georg Christian Weiß, Professor für Facility Management, Schwerpunkt technischer Gebäudebetrieb, Bauschadenskunde und Brandschutz, BHT
- Prof. Dr. Constanze Bongs, Professorin für Heiztechnik, BHT
- Prof. Dipl.-Ing. Katja Biek, Professorin für Sanitärtechnik, Mitglied im FBR IV, BHT
- Prof. Dr. rer. nat. Mathias Fraaß, Laborleiter Elektro-, Mess- und Regelungstechnik, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Elfriede Herzog, Professorin i. R., BHT
- Prof. Dr. Ulrich Finke, Laborleiter Klimatechnik, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Huu-Thoi Le, Laborleiter Heiztechnik, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Henrike Schoper, Professorin für Entwerfen und Konstruieren im Bestand
- Prof. Dipl.-Ing. Thomas Kretschmer,Professor für Gebäudetechnik und Facility Management, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Axel Rathey, Laborleiter Sanitärtechnik, BHT
- Prof. Diplome Regie general Susanne Auffermann-Lemmer, Professorin (Beleuchtungstechnik und Lichtgestaltung, BHT
- Prof. Dr.-Ing. Johannes Bader, Laborleiter Biotechnikum, BHT
- Prof. Dr.-Ing. habil. Eva Maria Froschauer, Laborleiterin Baugeschichte und Bauerhaltung, BHT
Mehr als 1200 weitere Unterschriften von allen Mitgliedsgruppen der Hochschulen
Wir freuen uns über weitere Unterschriften. Wenn Sie den offenen Brief unterschreiben wollen, wenden Sie sich bitte an die Verfasser*innen: AStA FU (hochschulpolitik@astafu.de), RefRat HU (oeko@refrat.hu-berlin.de), AStA BHT (verkehr@studis-bht.de)
Aktualisierung: Am 31.10., einen Tag vor der Veröffentlichung dieses Briefs, hat uns der VBB einen Geprächstermin angeboten, um unsere Fragen zu beantworten. Das Gespräch wird in der kommenden Woche stattfinden und wir werden unsere Forderungen dort zum Ausdruck bringen.